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Bamesberger, Heinrich - Brief 1922/09/10 |
30.11.1922 Hoffnungstal, den 10. September 1922 Liebe Kinder, Georg und Margaretha Wöhl! Seid herzlich gegrüßt von euren Eltern. Wir sind Gottlob gesund und wünschen euch dasselbe von Herzen. Ihr habt euch wieder hören lassen aus der Ferne, nicht in einem Brief, sondern mit mehr als einem Brief. Das Paket haben wir erhalten mit den Stiefeln und der Ware. Es war alles schön eingepackt, als es der Vater auf der Post abholte. Was das für eine Freude war für uns alten Leute, könnt ihr euch, liebe Kinder, gar nicht vorstellen und wir können euch nicht genug danken dafür. Als wir die Postilka bekamen, wussten wir nicht, von wem es war, bis der Vater von der Post zurück kam. Als er zum Hof herein kam, da hatte er die Stiefel in der Hand und rief: Seht mal, was ich für ein Paar schöne Stiefel hab. Von wem, fragten wir. Von der Margaretha und ihrem Mann, kam die Antwort. Ich musste gleich sagen: Gott lob und dank tausend mal. Er soll es euch reichlich belohnen und segnen. Ach, was ist das für eine Freude, wenn etwas aus Amerika ankommt. Gott soll alle Amerikaner segnen für die Hilfe, die sie nach Russland geschickt haben. Sie haben schon unzählbar vieles geschickt und ohne die Hilfe von drüben wären noch viel mehr Menschen verhungert. Eine besonders große Hilfe war die Küche für die Kinder, von denen die meisten verhungert wären. Gott möge euch behüten und bewahren vor dem Unglück, dass wir durchzumachen haben. Die Teuerung ist so groß, dass wir nichts mehr kaufen können. Wir haben gerade noch Glück gehabt mit dem Paket, das ihr uns geschickt habt. Wir mussten für das Paket bezahlen auf der Post fünf mal hundert tausend und noch fünfundsechzig Rubel. Das ist viel und doch nicht viel. Nach 8 Tagen ist wieder ein Paket angekommen von 11 Pfund an Mathilde Maier von ihrer Schwester Christina Schaffert und die mussten schon viel mehr bezahlen, also einmal hunderttausend Millionen und noch 45 Millionen dazu. Das kann man nicht ausführen. Da müsste man alles verkaufen und es würde noch nicht langen zum auslösen des Pakets. Liebe Margaretha, von Georg Herr haben wir schon zwei Postilki bekommen und von Christian Herr eine Postilka. Grüßt sie von uns und sagt, dass wir herzlich danken, denn es ist uns alles gut gekommen. Wir haben ihnen geschrieben. Man kann nicht so oft und einem jeden schreiben, weil ein Brief viel Geld kostet. Ich habe geschrieben wegen Stiefel schicken, es soll sich aber niemand wehe tun. Schickt eure Sachen nicht durch die Post, sondern durch die ARA in Odessa; das auf der Post können wir nicht auslösen. Die Ernte war nicht so schlecht, es ist alles geraten, es war aber zu wenig gesät. Wir hatten eine Dessjatine gesät, es war gut, aber wir haben schon Prodnalog davon geben müssen. Es ist eben schlecht bei uns. Die Tante Rosina lässt dich grüßen, Margaretha und hätte gern einen Brief von Dir. Deine Schwester Rosina ist Witwe, ihr Jakob ist vom Krieg nicht mehr zurück gekommen, es sind schon 5 Jahre her, dass wir nichts mehr hören von ihm. Die anderen Geschwister lassen dich herzlich grüßen: Christina, Lydia, Christian und Jakob und ihre Weiber lassen auch grüßen. Dem Christian seine Frau ist eine geborene Siegele und dem Jakob seine eine geb. Erlenbusch. Die Elisabeth Holzwarth kennt dem Jakob seine Frau gut, denn sie waren Nachbarn. Der Jakob ist schon 2 Jahre tot. Als sie mit der Harba von der Steppe heim fuhren, rutschte er herunter, kam unter den Wagen und war eine Leiche. Das ist sehr schwer. Mathilde heißt dem Jakob seine Frau. Zum Schluss danken wir euch allen nochmals für alles, besonders für die Stiefel, denn die passen dem Vater auf den Fuß, als wären sie angemessen. Wenn ihr etwas schicken wollt, dann tut es durch die ARA, das ist am besten. Wir verbleiben eure Eltern Heinrich und Karolina Bamesberger Obiger Brief ist an Georg und Frau Margaretha Wöhl, Wishek, N. D., geschrieben und wurde der Rundschau zum Abdruck zugesandt. |